Lisan Verlag
Auflage: 1
Aufl. (2008)

Rachid al-Daïfs Prosadichtung
Auch wenn auf seiner Homepage wenig auf sein poetisches Schaffen hindeutet und seine Gedichtbände nur kommentarlos aufgelistet sind, so zeigt doch die Neuauflage seiner »poetischen Werke« in einem Band (Beirut 2007), dass Daïf diese als prägend und bestimmend für sein weiteres Schreiben anerkennt. Denn seine Romane können durchaus als formale Fortführung der in der Dichtung bereits sichtbaren Experimente mit der Sprache, die den neuen Bedürfnissen angepasst werden muss, gelesen werden. Seine Gedichte, die – wie er selbst sagt – eher Meditationen und Reflexionen sind und in Form kurzer, zum Teil extrem kurzer, Statements gegossen sind, zeichnen sich durch dieselbe lakonische Ironie aus, die auch seine Romane durchzieht. Aber in Form dieser kurzen prägnanten Texte erhalten seine Einsichten in die Unvermeidlichkeit, Dinge bei ihrem Namen zu nennen und das Entsetzliche des Bürgerkriegs zu artikulieren, formulieren, und letztendlich sich selbst gegenüber einzugestehen, eine neue Dringlichkeit, die jedem Leser das Gefühl vermittelt, den Menschen Daïf ganz authentisch sprechen zu hören. Sein Gefühl, in einer zersplitterten Gesellschaft zu leben und in einer Heimat, die sich in ihre Bestandteile aufzulösen scheint, überträgt sich hautnah auf den Leser; die Bedrohung, die er – vor allem in seinem ersten Gedichtband – empfindet, ist eine existenzielle. Es sind die kleinen, alltäglichen Dinge, die – vor allem in Kriegszeiten – Normalität und Sicherheit suggerieren und Hoffnung in sich bergen: “Wenn es zum ersten Mal nach dem Sommer regnet, wird meine Seele ruhig angesichts der Ordnung der Jahreszeiten.”

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